Aufenthaltsbestimmungsrecht

Die Aufenthaltsbestimmung ist Teil der elterlichen Sorge

Welche Bedeutung hat die Aufenthaltsbestimmung?

Der Inhaber des Rechts auf Aufenthaltsbestimmung entscheidet darüber, wo das Kind lebt, also über Wohnort und Wohnung.

Das Recht zur Aufenthaltsbestimmung ist die notwendige Voraussetzung sowohl für die Wahrnehmung von Pflege und Erziehung des Kindes als auch für dessen Beaufsichtigung. Ferner ist das Aufenthaltsbestimmungsrecht Grundlage des Anspruchs auf Kindesherausgabe, und es erlaubt den Eltern, das Kind in Internaten oder sonst auswärts zu Zwecken des Schulbesuchs oder der Berufsausbildung unterzubringen. Eine Unterbringung des Kindes, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, bedarf der Genehmigung des Familiengerichts.

Über den Aufenthalt des Kindes wird oft und intensiv gestritten, vielfach ohne Rücksicht auf die Kinder. Meist entstehen die Probleme, wenn sich die Eltern trennen. Ob sie verheiratet sind, ist unerheblich. Besteht die gemeinsame elterliche Sorge, so müssen beide Eltern gemeinsam über den Aufenthalt des Kindes entscheiden. Übt ein Elternteil die Sorge allein aus, so entscheidet er auch allein über den Aufenthalt des Kindes.

Wie läuft das Gerichtsverfahren ab?

Antrag

Gelingt die Einigung nicht, so entscheidet das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils. Mit einem Antrag wird das Verfahren eingeleitet. Den Antrag kann nur stellen, wer sorgeberechtigt ist. Ist das nicht der Fall, so kann man einen Antrag auf Übertragung der – alleinigen oder gemeinsamen – elterlichen Sorge stellen und ihn verbinden mit einem Antrag auf Übertragung des Aufenthaltbestimmungsrechts.

Beschleunigungsgebot

Kindschaftssachen, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, sowie Verfahren wegen Gefährdung des Kindeswohls sind vorrangig und beschleunigt durchzuführen, heißt es im Gesetz. Das Gericht erörtert die Sache mit den Beteiligten in einem Termin. Der Termin soll spätestens einen Monat nach Beginn des Verfahrens stattfinden. Das Gericht hört in diesem Termin das Jugendamt an. Eine Verlegung des Termins ist nur aus zwingenden Gründen zulässig. Der Verlegungsgrund ist mit dem Verlegungsgesuch glaubhaft zu machen. Auch das dient der Umsetzung des Beschleunigungsgebots. Es soll nicht ein Elternteil das Verfahren verzögern. Das Gericht wird das persönliche Erscheinen der Beteiligten zu dem Termin anordnen.

Hinwirken auf Einvernehmen

Das Gericht soll in Kindschaftssachen, die die elterliche Sorge bei Trennung und Scheidung, den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, in jeder Lage des Verfahrens auf ein Einvernehmen der Beteiligten hinwirken, wenn dies dem Kindeswohl nicht widerspricht. Es weist auf Möglichkeiten der Beratung durch die Beratungsstellen und -dienste der Träger der Kinder- und Jugendhilfe insbesondere zur Entwicklung eines einvernehmlichen Konzepts für die Wahrnehmung der elterlichen Sorge und der elterlichen Verantwortung hin. Das Gericht kann anordnen, dass die Eltern einzeln oder gemeinsam an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung bei einer von dem Gericht benannten Person oder Stelle teilnehmen und eine Bestätigung hierüber vorlegen. Es kann ferner anordnen, dass die Eltern an einer Beratung teilnehmen.

Steht die Aufenthaltsbestimmung im Streit, ist das für alle Beteiligten sehr bitter. Für die Eltern, weil der Verlust diesen wichtigen Rechts droht und man im Falle einer ungünstigen Entscheidung keine sinnvolle Umgangsregelung in den Händen hält. Das ist dann der nächste vorprogrammierte Streit. Und für die betroffenen Kinder ist es noch wesentlich schlimmer, denn die Leiden am meisten unter den zerstrittenen Eltern. Eine Einigung sollte daher immer das Ziel sein.

Keine Einigung möglich

Kann in Kindschaftssachen, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen, eine einvernehmliche Regelung im Termin nicht erreicht werden, hat das Gericht mit den Beteiligten und dem Jugendamt den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erörtern. Von amtswegen, also ohne, dass ein Beteiligter einen Antrag stellt, kann das Gericht eine vorläufige Regelung treffen. Es kommt darauf an, ob Eilbedürftigkeit besteht.

Das Gericht hört Eltern, Kind und Jugendamt, bestellt einen Verfahrensbeistand für das Kind und bestimmt einen Sachverständigen.Wird die schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen zugleich eine Frist, innerhalb derer er das Gutachten einzureichen hat. Noch immer ist eine Einigung zwischen den Eltern möglich.

Die Entscheidung

Das Gericht entscheidet durch Beschluss. Der Beschluss ist zu begründen (davon gibt es Ausmahmen). Er ist zu unterschreiben. Das Datum der Übergabe des Beschlusses an die Geschäftsstelle oder der Bekanntgabe durch Verlesen der Beschlussformel (Erlass) ist auf dem Beschluss zu vermerken.

Rechtsmittel

Gegen den Beschluss gibt es das Rechtsmittel der Beschwerde. Die Beschwerde steht demjenigen zu, der durch den Beschluss in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Das betrifft die Eltern, aber auch das Kind. Ein Kind, für das die elterliche Sorge besteht kann in allen seine Person betreffenden Angelegenheiten ohne Mitwirkung seines gesetzlichen Vertreters das Beschwerderecht ausüben. Dies gilt nicht für Kinder, die geschäftsunfähig sind oder bei Erlass der Entscheidung das 14. Lebensjahr nicht vollendet haben.

Die Beschwerde ist, soweit gesetzlich keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Frist von einem Monat einzulegen. Die Beschwerde ist aber binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen, wenn sie sich gegen Entscheidungen im Verfahren der einstweiligen Anordnung richtet!

Die Frist beginnt jeweils mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten. Kann die schriftliche Bekanntgabe an einen Beteiligten nicht bewirkt werden, beginnt die Frist spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.

Das Wechselmodell

Die Aufenthaltsbestimmung und das Wechselmodell hängen zusammen. Darüber wird vor Gericht und in der Fachliteratur viel gestritten. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages fasst den Streitstand in einer Ausarbeitung zusammen.

⇒ Warum das Gericht das Wechselmodell nicht anordnen kann

⇒ Mit diesem Trick erhalten Sie das Wechselmodell

⇒ Wechselmodell: BGH ebnet den Weg über den Umgang mit dem Kind

⇒ Wechselmodell: Wie die Eltern miteinander umgehen müssen

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