Versorgungsausgleich oder Zugewinn

Wer an den Versorgungsausgleich denkt, denkt zuerst an die gesetzliche Rentenversicherung, danach an die private, vielleicht noch an die betriebliche Altersvorge, kaum jedoch an seine Lebensversicherung. Doch auch sie kann Gegenstand des Versorgungsausgleichs sein. Teils, weil der Gesetzgeber das so geregelt hat, teils aber auch, weil man die Schlupflöcher nicht kennt. Viel Geld kann man hier gewinnen oder verlieren.Das Versorgungsausgleichsgesetz eröffnet nicht nur den Ehegatten umfangreiche Möglichkeiten, eine Vereibarung zum Versorgungsausgleich zu treffen, vorausgesetzt, die Einigung gelingt. Auch einseitige Gestaltungsmöglichkeiten, unabhängig vom Willen des anderen Ehegatten, selbst zu dessen lasten gibt es. Eine dieser Möglichkeiten betrifft, wie der BGH bestätigt hat, die Lebensversicherung.

Die Lebensversicherung gibt es auf Kapitalbasis oder Rentenbasis. Das heißt, aus der Versicherung wird am Ende der Laufzeit ein Einmalbetrag gezahlt oder eine monatliche Rente. Oft wird nicht schon bei Abschluss des Vertrages darüber entschieden, wie die Zahlung Jahrzehnte später erfolgt. Der Versicherungsnehmer erhält stattdessen ein Wahlrecht, das sogenannte Kapitalwahlrecht, das früher oder später ausgeübt wird. Die einmal getroffene Entscheidung ist dann bindend. Was auf Rentenzahlung angelegt ist, unterliegt dem Versorgungsausgleich, alles andere nicht (Beachte, es gibt Ausnahmen: Anrechte im Sinne des Betriebsrentengesetzes oder des Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetzes, die immer Gegenstand des Versorgungsausgleichs sind).

Der Versorgungsausgleich ist grundsätzlich auf den Ausgleich von Renten zugeschnitten. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Tatsachenentscheidung des Gerichts. Durch die rechtzeitige Umwandlung kann die private Kapitalversicherung dem Versorgungsausgleich entzogen werden. Selbst nach Zustellung des Scheidungsantrag ist das noch möglich.

Klingt einfach? Klingt gut? Ist es aber nicht. Durch die Umwandlung verschwindet die Kapitalversicherung nicht quasi spurlos aus der wirtschaftlichen Entflechtung der zerbrochenen Ehe. Sie taucht an anderer Stelle wieder auf, beim Zugewinn. Auch der Zugewinnausgleich bietet interessante Möglichkeiten der Gestaltung, aber auch Unwägbarkeiten, so dass nur mit Hilfe einer genauen Berechnung sich sagen lässt, ob und wann das Wahlrecht wirtschaftlich sinnvoll ausgeübt werden kann.

Wird durch die Ausübung des Wahlrechts eine Anwartschaft dem Versorgungsausgleich entzogen, wird das Gericht prüfen, ob ein Fall der groben Unbilligkeit vorliegt, § 27 Versorgungsausgleichsgesetz.

BGH, Beschluss vom 06.11.2013, Az. XII ZB 22/13