Wie erhalte ich die elterliche Sorge, wenn die Kindesmutter das ablehnt?

Seit dem 19.05.2013 gilt endlich ein neues Sorgerecht. Das Gesetz zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern setzt eine Forderung des Bundesverfassungsgerichts endlich um. So sollen auch unverheiratete Eltern das Sorgerecht grundsätzlich gemeinsam ausüben. In der Vergangenheit war das nur möglich, wenn die Mutter dem zugestimmt hat. Schon im Jahr 2009 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das beanstandet. Im Jahr 2010 hat das Bundesverfassungsgericht die Vorschrift im Bürgerlichen Gesetzbuch gekippt. Nach drei langen Jahren hat der Gesetzgeber die Vorschriften geändert.

Allerdings folgt die gemeinsame elterliche Sorge nicht automatisch aus der Vaterschaft. Zwingend erforderlich ist die Abgabe einer gemeinsamen Sorgeerklärung beider Eltern. Andernfalls hat nur die Mutter das Sorgerecht inne und der Vater muss aktiv werden.

Ausschluss des Vaters eines nichtehelichen Kindes von der elterlichen Sorge bei Verweigerung der Zustimmung der Mutter ist verfassungswidrig

So hat es das Bundesverfassungsgericht bereits am 21.07.2010 entschieden. § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 und § 1672 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches sind mit Artikel 6 Abs. 2 des Grundgesetzes unvereinbar. Beide Vorschriften regeln Fragen des Sorgerechts für Kinder. Nach § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB steht Eltern, die bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet sind, die elterliche Sorge dann gemeinsam zu, wenn sie erklären, dass sie die Sorge gemeinsam übernehmen wollen. Geben die Eltern jedoch keine übereinstimmenden Sorgeerklärungen ab, verbleibt es bei der alleinigen Sorge der Mutter. Das heißt, der Vater eines Kindes ist immer auf die Zustimmung der Mutter angewiesen. Erteilt sie keine Zustimmung, so hatte der Vater in der Vergangenheit keine Aussicht darauf, auch Sorgeberechtigter zu werden. Geregelt ist das in § 1672 Abs. 1 BGB, der wie folgt lautet:

Leben die Eltern nicht nur vorübergehend getrennt und steht die elterliche Sorge nach § 1626 Abs. 2 der Mutter zu, so kann der Vater mit Zustimmung der Mutter beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt. Dem Antrag ist statt zu geben, wenn die Übertragung dem Wohl des Kindes dient.

Ohne die Zustimmung der Mutter ging beim Sorgerecht also nichts. Gegen den Willen der Mutter konnte der Vater eines nichtehelichen Kindes nur dann das Sorgerecht erhalten, wenn der Mutter wegen Gefährdung des Kindeswohls die elterliche Sorge entzogen wurde, ihre elterliche Sorge dauerhaft ruht oder wenn sie stirbt.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat bereits mit seinem Urteil vom 03.12.2009 entschieden, dass ein Vater nicht von vornherein Kraft Gesetzes ohne gerichtliche Überprüfungsmöglichkeit von der elterlichen Sorge ausgeschlossen werden darf. Nicht beanstandet hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte angesichts der unterschiedlichen Lebenssituationen nichtehelicher Kinder und in Ermangelung einer gemeinsamen Sorgeerklärung, zum Schutz des Kindeswohls die elterliche Sorge zunächst der Mutter zuzuweisen, um sicherzustellen, dass es ab der Geburt eine Person gäbe, die für das Kind rechtsverbindlich handeln könne. Es soll also vermieden werden, dass ein Kind bei Geburt gänzlich ohne elterliche Sorge dasteht.

Das Bundesverfassungsgericht hat den Willen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte jetzt umgesetzt und die beiden oben genannten Vorschriften für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt.

Für die Praxis heißt das, dass all die zahlreichen Väter, die in der Vergangenheit keine Aussicht auf Teilhabe am Sorgerecht hatten, weil die Rechtslage das in der Bundesrepublik nicht zugelassen hat, ihr Ansinnen jetzt mit deutlich verbesserten Erfolgsaussichten wieder aufnehmen bzw. fortsetzen können.

Der Gesetzgeber muss nun eine Neuregelung der Vorschriften finden, die dem Grundgesetz entspricht. Bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung ist § 1672 des BGB mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Familiengericht dem Vater auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge überträgt, soweit eine gemeinsame elterliche Sorge nicht in Betracht kommt und zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl am Besten entspricht. Bis zum Inkrafttreten einer gesetzlichen Neuregelung ist § 1626 a des BGB mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Familiengericht den Eltern auf Antrag eines Elternteils die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge gemeinsam überträgt, soweit zu erwarten ist, dass dies dem Kindeswohl entspricht, so das Bundesverfassungsgericht. Wer sich als Vater also um das Sorgerecht bemühen will, muss damit nicht zuwarten, bis der Gesetzgeber tätig geworden ist. Sollte keine Verständigung mit der Kindesmutter möglich sein, so kann sofort ein Antrag beim zuständigen Amtsgericht gestellt werden.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 21.07.2010, Az.: 1 BvR 420/09