Wer Kindesuntehalt zahlt kann Anspruch auf Aufstockungsunterhalt haben
Ein Anspruch auf Trennungsunterhalt oder Geschiedenenuntehalt kann auch dadurch entstehen, dass das Einkommen des für den Kindesunterhalt barunterhaltspflichtigen Ehegatten durch den Vorwegabzug des Kindesunterhalts unter das Einkommen des kinderbetreuenden Ehegatten absinkt.
Grundlage dieser Leitsatzentscheidung des BGH ist ein Sachverhalt, wie es ihn häufiger gibt. Die Beteiligten sind miteinander verheiratet, sie trennen sich. Es gibt ein oder mehrere gemeinsame Kinder, die bei einem Elternteil verbleiben.
Wer die Kinder in seiner Obhut hat, leistet Naturalunterhalt, der andere Elternteil Barunterhalt. In diesem Fall ist es der Mann, der für zwei Kinder Kindesunterhalt zahlen muss.
Leben die Ehegatten getrennt, so kann ein Ehegatte von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten angemessenen Unterhalt verlangen (§ 1361 Abs. 1 Satz 1Halbsatz 1 BGB). Zur Bestimmung des Unterhaltsbedarfs ist auf die von den Ehegatten erzielten Einkünfte abzustellen, soweit diese die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt haben. Allerdings haben solche Einkommensverbesserungen unberücksichtigt zu bleiben, die auf eine unerwartete und vom Normalverlauf abweichende Entwicklung zurückzuführen sind. Außerdem sind im Regelfall Einschränkungen geboten, wenn das erzielte Einkommen auf überobligatorischer Tätigkeit beruht. Bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen sind ferner weitere Umstände zu berücksichtigen, die das für Unterhaltszwecke verfügbare Einkommen vor Rechtskraft der Ehescheidung beeinflusst haben. Dazu gehört auch die Barunterhaltspflicht für geeinsame Kinder.
Die Berücksichtigung des Barunterhalts für minderjährige Kinder bei der Bestimmung des Bedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen hängt nicht davon ab, ob die Kinder vom Unterhaltsberechtigten oder vom Unterhaltspflichtigen betreut werden. In beiden Fällen beeinflussen die für den (sächlichen) Unterhaltsbedarf der Kinder aufzuwendenden Barmittel den Lebensstandard der Familie gleichermaßen, indem sie das für den eigenen Bedarf der Ehegatten verfügbare Einkommen schmälern. Die Regelung in § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB steht dem nicht entgegen. Diese gilt nur für den Kindesunterhalt und hat zur Folge, dass der betreuende Eternteil von der Barunterhaltspflicht für die Kinder befreit wird. Das Oberlandesgericht (Anmerkung: die Vorinstanz) hat dementsprechend zu Recht darauf hingewiesen, dass eine Differenzierung danach, ob der betreuende Ehegatte Unterhaltsberechtigter oder Unterhaltspflichtiger ist, nicht gerechtfertigt ist. In beiden Fällen werden die ehelichen Lebensverhältnisse durch die Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern geprägt und muss der betreuende Ehegatte bei der Unterhaltsbemessung nach Quoten im Ergebnis wirtschaftlich mittragen, dass sich das für den Lebensbedarf der Ehegatten verfügbare Einkommen durch den Kindesunterhalt vermindert.
Sinkt das Einkommen des zum Barunterhalt verpflichteten Ehegatten durch den Abzug des Kindesunterhalts unter das des betreuenden Ehegatten ab, so ist das Entstehen des Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt die notwendige Folge. Denn dieser knüpft lediglich an das höhere Einkommen eines Ehegatten an und hat eine Beibehaltung des ehelichen Lebensstandards zum Ziel während eine Abweichung davon einer etwaigen Herabsetzung des (nachehelichen) Unterhalts gemäß § 1578 b Abs. 1 BGB vorbehalten bleibt.